Inhalt und Bedeutung des Programms verlangen eine Strategie, die über eine fragmentarische Vorgehensweise hinaus geht.
Es handelt sich hier um eine bedeutsame öffentliche Institution, die durch ihre bauliche Identität und Präsenz ihre Bedeutung zum Ausdruck bringen muss. Zielsetzung des Entwurfes ist es, trotz der historischen „Einschlüsse“, trotz des heterogenen Umfelds, ein kontinuierliches Raumgebilde zu schaffen, dass den Neubau und Bestand als ein Haus erleben lässt. Wir schlagen eine zusammenhängende, gewebeartige Struktur vor, die sich in die kleinteilige Stadtstruktur einbettet. Ein Gewebe mit einer der Umgebung angepassten Maschenweite, das somit in der Lage ist, auf die Maßstäblichkeit der Umgebung zu reagieren, sich anzupassen, ohne sich zu zerreißen, ohne den inneren Zusammenhalt zu verlieren. Das geneigte Dach wird zum gestaltprägenden Element; die linear ausgerichtete Dachlandschaft die aus einer Reihung von gleichförmigen Satteldächern besteht überdeckt den gesamten Baukörper. Sie greift die Höhenentwicklung der angrenzenden Bebauung auf, senkt sich zu den Hofseiten ab und bindet beiläufig die beiden Baudenkmäler ein. Die ehemaligen Raumkanten des Reußenplatzes werden wieder hergestellt. Die ursprünglichen Proportionen des Straßenraums mit seinen typischen Aufweitungen und Verengungen werden wieder erfahrbar. Der sich ergebende Versatz zum Haus 6 markiert den stadträumlich wirksamen Haupteingang zur Bibliothek. Die Dachformen ermöglichen unterschiedliche Lesarten. Straßenseitig entsteht der Eindruck von giebelständigen Häusern, die, je nach Blickwinkel, unterschiedliche Ansichten erzeugen. Die gleichmäßige Reihung von Satteldächern erinnert aber auch an industrielle Bauformen und ist entsprechend auch als ein Verweis auf die ehemalige Freytagsche Lederfabrik zu sehen. Die lineare Struktur der Dachformen kann in ihrer Länge den jeweiligen stadträumlichen Situationen angepasst werden. Es entstehen Hof- und Freiräume an den notwendigen Stellen: Die beiden inneren, allseitig umschlossenen Höfe binden die rückwärtigen Fassaden und Hinterbebauungen der historischen Häuser ein. Der charakteristische Galeriebau von Haus 9 bleibt erlebbar und verleiht dem Hof eine besondere Atmosphäre. Die drei äußeren, nach Süden orientierten Hofräume bieten sich las aussenliegende Leseräume für die Bibliotheksnutzung an. Die horizontale Schichtung des Programms entspricht der Forderung nach flexiblen Baustrukturen, die auch zukünftige strukturelle Veränderungen im Bibliothekswesen aufnehmen kann. Im überarbeiteten Projekt ist das Programm sehr übersichtlich gegliedert. Im Untergeschoss liegen alle die Archive, effizient mit Rollregalen ausgestattet. Im stützenlosen Erdgeschoss wird den Veranstaltungsraum und teil der Bibliothek untergebracht. Das langgestreckte Foyer macht die gesamt Tiefe des Baugrundstückes erlebbar; der sich verjüngende Zuschnitt, sowie das abfallende Dach erzeugen eine suggestive perspektivische Raumwirkung. Vom Foyer aus werden der allgemeine Freihandbereich, der Kinder- und Jugendbereich sowie der Zeitschriftenbereich erschlossen. Das Obergeschoss mit dem Bibliotheksbereich breitet sich unter dem prägnanten Faltwerk der Dachlandschaft aus. Ein Raumkontinuum, das die Strasse- und Hofseite verbindet und die beiden Innenhöfe umschließt. Großformatige Fensteröffnungen bieten von hier aus den Blick in den Luftraum der Bibliothek. Das Haus 6 am Reußenplatz nimmt die Verwaltung auf. Im sorgfältig restauriert Haus 9 bildet auch programmatisch die Schnittstelle zwischen Alt und Neu. Im Erdgeschoß wird ein Schaumagazin untergebracht und im 1. Obergeschoss befindet sich die Präsenzbibliothek.